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Wenn wir bewusst den­ken, sind wir uns unse­res Selbst als Beob­ach­ter unse­rer Gedan­ken bewusst. In uns, dem Bewusst­sein, tau­chen Gedan­ken auf – Wor­te und Bil­der – die für sich ein­fach Gedan­ken sind, ohne Bedeu­tung oder Macht. Bedeu­tung erlan­gen sie für uns erst durch mit ihnen ver­bun­de­ne Gefüh­le und Macht, wenn wir an sie glau­ben, sie als Wahr­heit betrach­ten und ihnen Hand­lun­gen fol­gen las­sen. Wir kön­nen Gedan­ken grob in prak­ti­sche, beob­ach­ten­de und psy­cho­lo­gi­sche, bewer­ten­de Gedan­ken einteilen.

Mit ihrer Hil­fe kön­nen wir unse­re erfah­re­nen Sin­nes­wahr­neh­mun­gen ver­in­ner­li­chen, sie in Wor­te und Bil­der fas­sen. Wir kön­nen sie abspei­chern und wie­der erin­nern, dadurch Ver­än­de­run­gen, Gemein­sam­kei­ten und Unter­schie­de erken­nen, eine Vor­stel­lung von Abläu­fen, Ursa­che und Wir­kung ent­wi­ckeln, Eigen­schaf­ten erfas­sen, sie mit ande­ren ver­glei­chen, über­tra­gen und mit­ein­an­der ver­bin­den. Wir kön­nen die­se Wor­te und Bil­der mit unse­rer Mit­welt tei­len, auch über Raum und Zeit hin­weg. Sie ermög­li­chen uns, eine inne­re Welt zu erschaf­fen, die sich von der im Außen wahr­ge­nom­me­nen unter­schei­det. Wir kön­nen die­se inne­re Welt ver­än­dern und die­se Ver­än­de­run­gen auf die Außen­welt über­tra­gen. Gedan­ken sind ein mäch­ti­ges Instru­ment der Erkennt­nis, Ent­wick­lung, Schöp­fung und Gestaltung.

Mit Hil­fe unse­rer Gedan­ken ist es uns mög­lich, unse­re Bedürf­nis­se effi­zi­en­ter, viel­sei­ti­ger und nach­hal­ti­ger zu erfül­len. Gleich­zei­tig kön­nen vie­le unse­rer Bedürf­nis­se nicht erfüllt wer­den, wenn unse­re Auf­merk­sam­keit zu sehr von unse­ren Gedan­ken ein­ge­nom­men ist. Je mehr Auf­merk­sam­keit durch unse­re Gedan­ken gebun­den ist, des­to weni­ger Auf­merk­sam­keit bleibt uns für die Wahr­neh­mung von Gefüh­len, Leben­dig­keit, dem Leben selbst. Gedan­ken kön­nen Leben­dig­keit nicht wahr­neh­men. Sie sind kein Wahr­neh­mungs­or­gan. Sie beschrei­ben Leben­dig­keit, sind aber nicht die Leben­dig­keit. Ohne Kon­takt mit unse­ren Gefüh­len, unse­rem Kör­per, kön­nen wir Leben­dig­keit nicht wahr­neh­men und nicht erken­nen, ob unse­re Bedürf­nis­se erfüllt sind und wie unse­re Gedan­ken und Hand­lun­gen dazu beitragen.

In der Macht unse­rer Gedan­ken liegt gleich­zei­tig eine Gefahr. Gedan­ken, an die wir glau­ben, erfah­ren wir als Wirk­lich­keit. Sobald wir uns mit Gedan­ken iden­ti­fi­zie­ren, ist uns nicht mehr bewusst, dass es sich um Gedan­ken über die Wirk­lich­keit han­delt, und nicht um die Wirk­lich­keit. Wirk­lich­keit und Gedan­ken ver­schmel­zen mit­ein­an­der zu einer Täu­schung. Wir erfah­ren unser Leben und unse­re Mit­welt durch die Bril­le unse­rer Erin­ne­run­gen, Deu­tun­gen, Erwar­tun­gen, Über­zeu­gun­gen und Glau­bens­sät­ze, ohne dass wir uns des­sen bewusst sind. Beson­ders bei unse­ren psy­cho­lo­gi­schen, bewer­ten­den Gedan­ken kann das zu Her­aus­for­de­run­gen füh­ren. Gedan­ken, die unse­re Beob­ach­tun­gen deu­ten und bewer­ten, beein­flus­sen damit, ob unse­re Bedürf­nis­se erfüllt sind oder nicht und lösen dadurch ange­neh­me oder unan­ge­neh­me Gefüh­le aus, Glück oder Leid. Wir geben oft unse­rer Mit­welt oder Per­son die Ver­ant­wor­tung dafür und ver­hal­ten uns ent­spre­chend, ohne uns dar­über bewusst zu sein, dass die Ursa­chen für unse­re Gefüh­le vor allem unse­re Gedan­ken über eine Situa­ti­on sind und nicht die Situa­ti­on allei­ne. Auch wenn Situa­tio­nen schon lan­ge ver­gan­gen oder noch gar nicht ein­ge­tre­ten sind, kön­nen wir durch unse­re Gedan­ken über sie Gefüh­le aus­lö­sen und sie als Wirk­lich­keit erle­ben. Der Schmerz, der in uns durch Wor­te und Ver­hal­ten unse­rer Mit­welt aus­ge­löst wird, ist meist schon zuvor durch unse­ren Glau­ben an unse­re eige­nen Urtei­le ver­ur­sacht worden.

Unse­re eige­nen und über­nom­me­nen Über­zeu­gun­gen und Urtei­le, Vor­stel­lun­gen von rich­tig und falsch, gut und schlecht, sol­len dazu die­nen, unse­re Bedürf­nis­se zu erfül­len. Doch sie sind durch Situa­tio­nen in der Ver­gan­gen­heit ent­stan­den, die von ganz bestimm­ten Umstän­den geprägt waren. Sie beru­hen auf alten Deu­tun­gen und Bewer­tun­gen, die oft auf noch älte­ren, nicht hin­ter­frag­ten Über­zeu­gun­gen beru­hen, Erfah­run­gen von erfüll­ten und uner­füll­ten Bedürf­nis­sen, ange­neh­men und unan­ge­neh­men Gefüh­len und dem bewuss­ten oder unbe­wuss­ten Umgang mit ihnen. Sie unter­lie­gen fal­schen Erin­ne­run­gen, Irr­tü­mern und Täu­schun­gen, sind ver­ein­fa­chend, sta­tisch und nicht leben­dig. Sie las­sen sich nicht ohne wei­te­res auf ande­re Situa­tio­nen über­tra­gen. Wir müs­sen sie fort­lau­fend auf Stim­mig­keit über­prü­fen, wenn wir ihre Unle­ben­dig­keit nicht auf unser Leben und unse­re Mit­welt über­tra­gen und wei­ter in der Ver­gan­gen­heit leben wollen.

Kommt es durch nicht erfüll­te Bedürf­nis­se zu Kon­flik­ten, begeg­nen wir uns meist auf Ebe­ne von Über­zeu­gun­gen und Urtei­len, durch die wir ver­su­chen, die Stra­te­gien durch­zu­set­zen, mit denen wir unse­re Bedürf­nis­se erfül­len wol­len. Wir kön­nen dabei auf­ein­an­der ein­ge­hen, von­ein­an­der ler­nen, unse­re Stra­te­gien sinn­voll anpas­sen oder neue ent­wi­ckeln. Da uns Über­zeu­gun­gen und Urtei­le aber kei­ne Aus­kunft über unser Wahr­neh­mun­gen, Bedürf­nis­se und Gefüh­le geben, sind wir durch sie nicht mit unse­rer Leben­dig­keit ver­bun­den. Dadurch kann es uns schwer fal­len, uns ein­fühl­sam inein­an­der hin­ein­zu­ver­set­zen und zu ver­ste­hen, was uns bewegt. Statt­des­sen füh­ren unse­re gegen­sei­ti­gen Ver­ur­tei­lun­gen ver­stärkt dazu, dass unse­re Bedürf­nis­se nicht erfüllt und unan­ge­neh­me Gefüh­le aus­ge­löst wer­den, wodurch wie­der­um wei­te­re Urtei­le ent­ste­hen. Wir tren­nen uns dadurch immer wei­ter von­ein­an­der und kön­nen uns so weit von­ein­an­der ent­fer­nen und ent­frem­den, dass wir uns bekämp­fen. Unse­re Über­zeu­gun­gen und Urtei­le kön­nen uns von der Wirk­lich­keit und unse­rem Mit­ge­fühl für­ein­an­der und für uns selbst tren­nen. Mit Hil­fe unse­re Gedan­ken kön­nen wir zu Lie­be, Frie­den und Leben­dig­keit bei­tra­gen, aber auch zu Angst, Krieg und Tod. Wenn wir nicht bewusst den­ken, las­sen wir uns von unse­ren Gedan­ken täu­schen, antrei­ben und beherr­schen, und sie kön­nen als Instru­ment von Erkennt­nis, Ent­wick­lung, Schöp­fung und Gestal­tung viel Leid verursachen.

Wenn wir uns mit unse­ren Gedan­ken iden­ti­fi­zie­ren, mit ihnen ver­schmel­zen, erschaf­fen wir dadurch eine Täu­schung, eine Illu­si­on davon, was oder wer wir sind. Wir erfah­ren uns als die Gedan­ken, die wir den­ken, erle­ben sie als Wirk­lich­keit und begren­zen uns durch sie. Ange­fan­gen mit: „Ich bin mei­ne Gedan­ken. Mei­ne Erin­ne­run­gen und Erwar­tun­gen.“ „Ich bin mei­ne Gefüh­le. Mei­ne Erfah­run­gen.“ „Ich bin mein Kör­per.“ „Ich bin getrennt von mei­ner Mit­welt.“ Und: „Ich muss mir Lie­be und Leben­dig­keit ver­die­nen.“ Unser Selbst-Bewusst­sein erfährt sich als das, was es wahr­nimmt, als eine Per­son mit einem Ego. Wir leben dadurch wie unter Hyp­no­se, wir träu­men, wir sehen einen Film, ohne dass uns das bewusst ist. Die­ser Film ver­än­dert sei­ne Stim­mung und sein Gen­re, so wie sich unse­re Wahr­neh­mun­gen, Gedan­ken, Gefüh­le und unser Ver­hal­ten ver­än­dern. Wir spie­len in die­sem Film nicht nur wech­seln­de Rol­len, son­dern sind davon über­zeugt, die­se Rol­len zu sein. Wir neh­men es per­sön­lich, wenn das, womit wir uns iden­ti­fi­zie­ren, in Fra­ge gestellt wird und kön­nen uns dadurch bedroht und ange­grif­fen füh­len. Ruhi­ge, stil­le Momen­te kön­nen wir als unan­ge­nehm erle­ben, weil unse­re Gedan­ken in uns Unru­he oder Angst aus­lö­sen kön­nen, wenn wir mit der schein­ba­ren Lee­re und Stil­le unse­res rei­nen Bewusst­seins in Kon­takt kommen.

Wenn wir unse­re Gedan­ken beob­ach­ten, erfah­ren wir, dass wir nicht unse­re Gedan­ken sind. Sie tau­chen auch ohne unser Zutun in uns auf und ver­schwin­den wie­der. Wir kön­nen gegen­wär­tig, auf­merk­sam und erfüllt sein, ohne zu den­ken, aber nicht den­ken, ohne zu sein. Gedan­ken ver­in­ner­li­chen und deu­ten die Wirk­lich­keit, sind aber nicht die Wirk­lich­keit. Wir kön­nen selbst ent­schei­den, wel­che Bedeu­tung und Macht wir ihnen zukom­men las­sen. Wir kön­nen zwi­schen Beob­ach­tun­gen, Deu­tun­gen und Bewer­tun­gen unter­schei­den, uns bewusst machen, woher sie stam­men und beob­ach­ten, wie sie unser Erle­ben, unse­re Bedürf­nis­se und Gefüh­le beein­flus­sen. Wir sind uns in her­aus­for­dern­den Situa­tio­nen bewusst, dass die in uns auf­tau­chen­den Deu­tun­gen der Situa­ti­on eine ein­ge­schränk­te und sub­jek­ti­ve Sicht­wei­se ist, die auch auf Erfah­run­gen, Gedan­ken und Gefüh­len beruht, die aus unse­rer Ver­gan­gen­heit stam­men und nicht der Situa­ti­on selbst ent­sprin­gen. Wir müs­sen unse­ren Gedan­ken nicht fol­gen, wenn wir mer­ken, dass dies uns oder unse­rer Mit­welt Leid zufü­gen könn­te. Statt uns selbst und ein­an­der zu ver­ur­tei­len, kön­nen wir durch das Tei­len unse­rer Beob­ach­tun­gen, Bedürf­nis­se und Gefüh­le, Ein­blick in unse­re unter­schied­lich erleb­ten Wel­ten erhal­ten, damit für gegen­sei­ti­ges Ver­ständ­nis und Mit­ge­fühl sor­gen, uns dadurch anein­an­der annä­hern und leben­dig mit­ein­an­der verbinden.

Wir kön­nen erken­nen, dass Gedan­ken unser wirk­li­ches Sein und unse­re Mit­welt nur ein­ge­schränkt und ver­fälscht erfas­sen und unse­re Iden­ti­fi­zie­rung mit ihnen uns von uns selbst, von­ein­an­der und der Fül­le in uns trennt. Durch die bewuss­te Beob­ach­tung unse­rer Gedan­ken ver­lie­ren sie ihre Macht über uns und wir kön­nen uns selbst als rei­nes Bewusst­sein erfah­ren. Und dadurch auch unser Gegen­über und unse­re Mitwelt.

 

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