Der Einfluss, den wir als Einzelne und als Gemeinschaft auf unser Leben, die Welt, unsere Beziehungen zueinander und zu unserer Mitwelt haben, wird durch unsere Bedürfnisse, Gefühle und Gedanken beeinflusst und wie wir mit ihnen in Kontakt sind. Der Grad unserer Bewusstheit hat den größten Einfluss auf unser Sein und Wirken. Ihre Entwicklung ist essentiell für unser Leben und Zusammenleben. Hinter den meisten Problemen unseres Lebens und unserer Welt steht ursächlich der unbewusste Kontakt zu uns selbst und unserer Mitwelt.
Unsere Welt könnte ein friedlicherer, lebendigerer, gesünderer Ort sein. Wir tragen die Vorraussetzungen dazu in uns. Das Wissen ist seit langem vorhanden. Doch wir wenden uns ihm nicht zu. Bewusstes Beobachten, Denken und Fühlen ist eine Frage von Ent-wicklung und Aus-bildung. Wir leben in einer Welt, die in zentralsten, existentiellsten Bereichen unterentwickelt und ungebildet ist.
Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir Wissen und Erfahrungen von Generation zu Generation weitergeben. Kein Mensch muss von Grund auf selbst die Erkenntnisse von Physik, Mathematik, Biologie, Chemie, Ethik neu erforschen und erlernen. Wir brauchen entsprechenden Entwicklungs- und Bildungsraum für unser Bewusstsein und die damit verbundenen Prozesse. Alle Bereiche unseres Lebens und unserer Welt würden davon in hohem Maße profitieren, neue Lösungen entstehen, vieles was uns unmöglich oder unvereinbar erscheint könnte möglich und vereinbar werden.
Bewusster Kontakt mit unseren Bedürfnissen, Gedanken und Gefühlen – und nicht zuletzt mit unserem reinen Bewusstsein selbst – ist Voraussetzung für die volle Entfaltung unseres Potentials an Frieden, Freiheit, Lebendigkeit, Sicherheit, Kreativität, Intelligenz, Innovation, Lebensfreude, Gemeinschaft, Wissen, Verständnis, Empathie, Liebe, Nachhaltigkeit, Weiterentwicklung und so fort. Alles was wir sind, wahrnehmen und tun basiert auf unserem Bewusstseinszustand!
Gleichzeitig vernachlässigen wir kaum etwas so sehr, wie unsere Bewusstseinsbildung! Dabei würden wir selbst und unser Mitwelt in allen Bereichen davon immens bereichert.
Wie kann das sein?
Der Hauptgrund dafür ist wohl, dass Bewusstseinsbildung achtsamen, offenen, ehrlichen und annehmenden Kontakt mit unseren Gefühlen, besonders unangenehmen Gefühlen erfordert. Unsere Gefühle sind von zentraler Bedeutung für alles – weil alles durch Gefühle für uns überhaupt erst eine Bedeutung bekommt! Besonders spürbar ist dies, wenn es um Veränderungen geht, um das Verändern und Loslassen von festen Vorstellungen, Überzeugungen, Urteilen und Glaubenssätzen. Sie sind eng mit unserer Bedürfnis-Erfüllung verbunden und damit auch unmittelbar mit unseren Gefühlen.
Veränderungen bedeuten fast immer Kontakt mit schmerzhaften Gefühlen, und wenn wir noch nicht bewusst und achtsam mit ihnen in Kontakt sind, sind diese eine Bedrohung für uns, der wir nicht nur bewusst, sondern oft auch unbewusst ausweichen. Die Folge ist, dass wir uns mit Bewusstseins- und Bewusstwerdungs-Prozessen nicht auseinander setzen! Ein Kreislauf, der oft noch nicht leicht zu durchbrechen ist, besonders weil diese Thematik zu wenig in unserer Kultur thematisiert wird!
Statt dessen sind wir sehr nach außen und handlungsorientiert. Je schmerzhafter und intensiver die unangenehmen Gefühle sind, die wir erleben, umso mehr tendieren wir dazu, uns selbst oder unsere Mitwelt zu verurteilen und auf Ebene dieser Urteile zu handeln. Auf dieser Ebene bleiben wir an der Oberfläche der Probleme und sind kaum in der Lage, sie grundlegend und nachhaltig zu lösen. Kurzfristig können wir uns weniger ohnmächtig erleben, weil wir etwas tun und damit unangenehme Gefühle verdrängen können. Doch langfristig werden Gefühle von Ohnmacht, Angst, Frustration, Trauer und Wut verstärkt.
Die meisten Menschen wollen die Welt für sich und oft auch für andere zu einem besseren Ort machen – aber zu erreichen versuchen wir das meist, indem wir versuchen ANDERE dazu zu bewegen, sich und ihr Verhalten zu verändern. Doch damit sich andere ändern können, müssen sie sich verändern! Und das erfordert, wenn wir dies nicht alleine durch Gewalt in unterschiedlichsten Formen erzwingen wollen, Bewusstheit und Achtsamkeit. Wir verlangen bewusst oder unbewusst von unserer Mitwelt, was wir selbst nicht lernen wollen und wofür wir selbst nicht bereit sind!
Es ist oft die Rede von Werten und Idealen. Wir täuschen uns oft selbst, weil wir fast alle wichtige und stimmige Werte und Ideale haben, aber unsere Mitwelt dafür verantwortlich machen, wenn wir sie nicht leben können. Doch es kommt vor allem darauf an, sie leben zu können, wenn es uns NICHT leicht fällt! Und diese Situationen sind immer mit unangenehmen Gefühlen verbunden! Ebenso wichtig ist es, nicht mit unseren Werten und Idealen identifiziert zu sein. Wir brauchen eine Erfahrung von innerer Sicherheit und Frieden, die nicht von unseren Werten und Idealen abhängt, da wir sonst kaum in der Lage sind, sie zu hinterfragen und zu verändern, wenn sie nicht dem Wohl unseres Selbst und unserer Mitwelt dienen. Unsere Möglichkeit stimmig zu sein und zu handeln hängt von unserem Bewusstseinszustand ab, davon, wie achtsam und annehmend wir mit unangenehmen Gefühlen in Kontakt sein können, und wie gut wir gelernt haben, zu beobachten und bewusst zu denken, empathisch und intuitiv zu sein – Konzepte von Werten und Idealen und deren „Verteidigung” werden entsprechend überflüssig.
Deshalb kann eine grundlegende, nachhaltige Wende nur gelingen, wenn wir unsere Haltung ändern und uns uns selbst uns unseren Bewusstseins-Prozessen zuwenden. Nicht nur alleine für uns selbst, sondern gemeinschaftlich, öffentlich, uns gegenseitig unterstützend.
Wir brauchen mehr öffentliche Aufmerksamkeit und Auseinandersetzung mit diesem Thema. Bewusstwerdung sollte ein wichtiger Teil unseres Bildungssystems werden! Nicht durch Vorschriften und Regeln, sondern durch Thematisierung, Erforschung, Aufklärung und Schaffung von Räumen und Möglichkeiten. Jeder einzelne und unsere gesamte Gemeinschaft würde davon profitieren! Eine lebendigere, glücklichere, gesündere Welt ist möglich. Für uns selbst und unsere Mitwelt! Wir sind alle miteinander verbunden!