Jedes Wesen möchte, so weit es seine Möglichkeiten erlauben, natürlicherweise glücklich, erfüllt und in Frieden leben, lieben und geliebt werden. Unsere wichtigsten Grundbedürfnisse betreffen unser eigenes Wohlbefinden und das Wohlbefinden unserer Mitwelt. Wenn es uns selbst und unserer Mitwelt gut geht, sind unsere Bedürfnisse am gesättigtsten und wir erleben am mühelosesten angenehme Gefühle. All unser Wirken ist darauf ausgerichtet, kurz- und langfristig möglichst angenehme Gefühle zu erfahren und dies auch unserer Mitwelt zu ermöglichen.
Wie uns das gelingt, hängt vor allem davon ab, wie bewusst wir mit unseren Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen in Kontakt sind.
Es sind nicht „fehlende Werte” oder „angeborene schlechte Charaktereigenschaften”, die die Probleme in unserer Welt verursachen, sondern das Unvermögen, auch in herausfordernden Situationen bewusst und achtsam zu sein und zu handeln.
Dass wir in unserem Leben und unserer Welt viel Leid und Ungerechtigkeit erleben, ist die Folge unseres eigenen und gemeinschaftlichen mangelnden Verständnisses unserer inneren Bewusstseinsprozesse, unbewussten Denkens, unachtsamen Kontaktes besonders mit unangenehmen Gefühlen, der Identifikation mit unseren Gedanken und Gefühlen und fehlender Klarheit und Verbindung mit unseren wirklichen Bedürfnissen.
Menschen, die sich selbst und ihrer Mitwelt Leid zufügen, sind im Moment ihres Handelns nicht in der Lage gewesen, anders zu handeln, weil sie es nicht gelernt haben. Spätestens wenn wir begonnen haben, unsere inneren Bewusstseinsprozesse zu beobachten, wird uns klar, wie ausgeliefert wir Gefühlen und Gedanken sein können, wenn wir mit ihnen nicht achtsam und bewusst in Kontakt sind. Der Grad unserer Achtsamkeit und Bewusstheit bestimmt, ob wir selbst-bestimmt sind und handeln – oder unseren Gedanken und Gefühlen machtlos ausgeliefert sind.
Die meisten Menschen haben nicht gelernt, bewusst mit ihren Gedanken und Gefühlen in Kontakt zu sein und identifizieren sich mit ihnen. Wir lernen meist über Belohnung und Bestrafung, was gut und schlecht, richtig und falsch ist und uns entsprechend zu verhalten. Wir identifizieren uns mit Selbst-Bildern, die wir immer weiter optimieren und verteidigen müssen. Doch um auch in herausfordernden Situationen bewusst entscheiden und handeln zu können, müssen wir bewusst mit unseren Gefühlen und Gedanken in Kontakt sein und uns als Bewusstsein erleben, das nicht abhängig von seinen in ihm entstehenden Gedanken und Gefühlen ist und nicht unbewusst durch sie gelenkt wird.
Wenn alles nach unseren Vorstellungen läuft und wir uns wohl fühlen, fällt es uns meist leicht, uns nach unseren Werten und Idealen zu verhalten. Doch sobald wir unangenehme Gefühle erleben und urteilende Gedanken auftauchen, weil Bedürfnisse nicht mehr erfüllt sind, hängt alles davon ab, wie wach und bewusst wir ihnen begegnen können. Erst in diesen Momenten zeigt sich, wo wir stehen. Dies betrifft uns alle, in jedem Moment unseres Lebens, überall auf der Welt.
Hinter jedem Konflikt stehen unerfüllte Bedürfnisse und unangenehme Gefühle. Solange wir andere für sie verantwortlich machen, sind wir nicht bewusst mit ihnen in Kontakt und unseren Gefühlen und Gedanken und der Haltung und dem Verhalten unserer Person und unserer Mitwelt hilflos ausgeliefert. Dann glauben wir, wir selbst oder andere verursachten unsere schmerzvollen Gefühle, glauben an die Urteile, die in uns aufsteigen und bekämpfen uns oder unsere Mitwelt, um die vermeintliche Ursache zu beseitigen. Wir entwickeln Überzeugungen über uns und unsere Mitwelt, an die wir glauben und die uns im Leben unserer wirklichen Werte und Ideale immer mehr einschränken und blockieren. Wir erzeugen einen Kreislauf von Leid und halten ihn lebendig.
Dahinter stecken u.a. Vorstellungen, nur durch die Erfüllung bestimmter Bedingungen im Außen ließen sich unsere Bedürfnisse erfüllen und angenehme Gefühle erleben und alleine diese Bedingungen im Außen bestimmten über unser inneres Befinden.
Auch unsere Werte und Ideale können Teil dieser blockierenden und Leid verursachenden Bedingungen sein, wenn wir nicht lebendig und empathisch mit ihnen verbunden sind. Im Grunde sind Werte und Ideale Konzepte unseres Verstandes, die sogar überflüssig werden, wenn wir uns nicht mehr mit unseren Gedanken und Gefühlen identifizieren und als reines Bewusstsein mit Frieden, Lebendigkeit und Liebe verbunden sind und durch sie der Situation entsprechend bewusst und stimmig handeln.
Je mehr unsere Bedürfnisse durch unsere eigene Quelle an Sicherheit und Liebe erfüllt werden und je bewusster und achtsamer wir unseren Gefühlen und Gedanken begegnen können, desto weniger haben unbewusste Muster Kontrolle über uns, desto weniger werden wir von unangenehmen, schmerzvollen Emotionen und urteilenden Gedanken gelenkt. Wir bleiben wach und selbst-bestimmt.
Statt „Gerechtigkeit” einzufordern und uns wie unser unbewusstes Gegenüber zu verhalten, statt Schmerzen zuzufügen wo wir Schmerzen erleiden, sind wir in der Lage, die unbewussten, Leid verursachenden Kreisläufe zu unterbrechen.
Dies gelingt umso leichter, je weniger wir uns mit einer Vorstellung von „Person” identifizieren, deren Selbstbild wir aufrecht halten und verteidigen müssen. Sie besteht aus unbewussten Bedingungen, Gedankenkonzepten und Strategien unsere Bedürfnisse zu erfüllen, die es uns unmöglich machen, bewusst und wach zu sein und zu handeln, sobald sie bedroht werden, weil damit gleichzeitig unsere Existenz bedroht scheint.
Umso achtsamer und bewusster wir sind und umso weniger wir uns im Glauben an Gedanken als Person identifizieren und uns stattdessen als reines Bewusstsein erleben, das natürlicherweise mit Sicherheit, Lebendigkeit und Liebe verbunden ist, desto wacher und gelassener sind wir in jedem Moment und desto leichter und müheloser wird es für uns, auch in herausfordernden Situationen stimmig zu leben, was wir leben möchten. Wir erleben wirkliche Freiheit, Frieden und Liebe in uns und bringen sie durch unser Wirken in unsere Mitwelt.